Laudatio von Dr. Frank Pudel
zur Vernissage "Captured Moments"
in der Hofgalerie des Moritzhofes Magdeburg am 12. Januar 2022
Captured Moments
Ausstellung von Karl-Heinz Weege
12.1.-9.2.2022, Moritzhof
Schon wieder Porträtfotos im Moritzhof. Könnte man sagen.
Aber das ist doch gut so, entgegne ich. Und das nicht nur, weil ich selbst in der Porträtfotografie unterwegs bin. Gibt es Spannenderes als Fotos von Menschen zu betrachten? Jeder Mensch ist ein Universum für sich, einmalig und unendlich facettenreich zugleich. In jedem Moment anders.
Vielleicht hat der Fotokünstler Karl-Heinz Weege deshalb seiner Ausstellung den Namen Captured Moments gegeben?
Als ich im Dezember letzten Jahres bei Weeges zum Kaffee eingeladen war, wurde mir, den selbst gebackenen Kuchen seiner Frau genießend, schnell klar, dass unsere Leben eine Menge möglicher Schnittpunkte aufwiesen, an denen wir uns immer wieder hätten begegnen können. Haben wir aber nicht. Nicht, als ich Anfang der 80er Jahre in der Bibliothek des Kleinwanzlebener Zuckerinstitutes, an dem Karl-Heinz Weege beschäftigt war, westliche Fachliteratur sichten durfte, und auch nicht, als ich in den 90er Jahren ein Gentechnisches Labor einrichtete, für dessen Genehmigung er zuständig war. Selbst dann noch nicht, als wir beide bereits einige Zeit Porträtfotografie betrieben, er in seinem eigens eingerichteten Studio in Lostau, ich beim Kunstverein derART in Magdeburg. Begegnet sind wir uns zum ersten Mal 2019 in Zinnowitz.
Dort veranstaltet Andreas Jorns jährlich ein Meet-up, an dem ca. 150 Porträtfotografen teilnehmen. Andreas Jorns ist eines der fotografischen Vorbilder von Karl-Heinz Weege.
Nach dem großen Peter Lindbergh. Und auch ihn hat er persönlich getroffen. Und mit ihm am Rande der Berlinale über die Bedeutung von Notenständern in der People-Fotografie diskutiert.
Mit diesen seinen fotografischen Vorbildern teilt Karl-Heinz Weege ästhetische Grundwerte, die sich zusammenfassen lassen in einem einzigen Wort: Reduktion.
Reduktion, oder besser: Konzentration / Fokussierung auf den zu porträtierenden Menschen, alles davon Ablenkende sorgfältig beiseite lassend oder gar entfernend, Reduktion auf wenige Modelle, die er immer wieder fotografiert, über einen längeren Zeitraum, manchmal einige Jahre hinweg, und schließlich Reduktion in den Mitteln, sei es Licht, Farbe, Kameratechnik, Set-up oder Nachbearbeitung. Nachdem er sein Studio aufgegeben hat, fotografiert er heute nur noch mit dem vorhandenen Licht, in Schwarzweiss, mit einer Kamera und ein bis zwei Objektiven und verzichtet weitestgehend auf Photoshop. Manchmal greift er auch wieder zur analogen Kamera.
Schauen wir uns um. Was macht die Fotografien von Karl-Heinz Weege aus?
Makellose Schönheit ist ins perfekte natürliche Licht gesetzt.
Er kennt sich aus mit dem available light, findet es, ohne lange suchen zu müssen. Dabei scheut er sich auch nicht vor hohen Kontrasten. Schwarzweiss-Fotografie vom Feinsten, jedes seiner Fotos enthält reines Schwarz und reines Weiß. Wie es sein soll.
Er benötigt keine aufwendige Kulisse, die Umgebung verliert sich sowieso im Unscharfen, er konzentriert sich auf das Wesentliche, sein Modell. Sogar wenn er es ab und zu selbst unscharf abbildet, ist es stets Zentrum seiner Arbeit.
Seine Modelle sind jung. Meist junge Frauen, aber auch Männer. Er fotografiert sie in ihrer Natürlichkeit. Retusche braucht es nicht. Enttäuschungen und negative Lebenserfahrungen haben sich diesen Gesichtern noch nicht tief genug eingebrannt.
Alle seine Modelle ruhen in sich, meist sind sie nachdenklich, als ob sie in sich hineinhorchen, aber stets von positivem Ausdruck, manchmal lächeln sie, Madonnen gleich, leuchten von innen heraus. Überschießende Emotionen, Freudentänze, Wutanfälle, sind seine Sache nicht.
Man sagt, eine Fotografie sage mehr über den Fotografen aus, als über das Motiv. Wenn Karl-Heinz Weege seinen Anspruch formuliert als die Suche nach Natürlichkeit und Ehrlichkeit, dann zeigen seine Fotografien, dass es ihm vor allem um Schönheit und Harmonie geht. Schönheit, das Hauptmotiv bildender Kunst schlechthin.
Für mich sind die hier ausgestellten Fotografien Werke, die man am ehesten der klassischen Fotografie zuordnen könnte, zeitlose Abbilder menschlicher Schönheit, an die Malerei der Renaissance erinnernd.
Also, fangen Sie jetzt die Captured Moments ein, tauchen Sie ab in deren Sinnlichkeit. Ich bedanke mich in Ihrer aller Namen bei Karl-Heinz Weege für diese besondere Ausstellung und wünsche Ihnen anregenden Gedankenaustausch und einen schönen Abend.